Ach du liebes Aserbaidschan!

Wir haben Tiflis bereits verlassen und uns auf den Weg nach Baku gemacht. Was wie eine beschwerliche Tagesetappe aussah, war im Endeffekt weniger dramatisch, weil die Hauptverkehrsverbindungen Aserbaidschans in einem überraschend guten Zustand sind. Der Grund dafür ist wohl, dass das Land in den letzten zwei Jahrzehnten einen Ölboom erlebte, der so nicht nur Investitionen in die Infrastruktur ermöglichte, sondern viel an alter Bausubstanz verschwinden lies.

 

Der Weg nach Baku war dafür aber von neuen Erlebnissen gespickt: wir haben unsere ersten Polizeikontrollen hinter uns! Man muss aber dazu sagen, dass die sehr willkürlich sind hier. Man wird einfach reingewunken, egal wie man fährt oder wie das Auto aussieht. Ob unauffälliger Lada mit moderater Geschwindigkeit, 60 Jahre alte LKWs, oder Mercedes mit massiv überhöhter Geschwindigkeit. Alle kommen dran... und wir in dem Fall eben auch. In weißer Voraussicht haben wir genau für diesen Fall Tabakwaren und Alkoholika gebunkert und die kamen dann auch gleich zum Einsatz um den Polizisten mal gehörig zu Schmieren. Interessant zu sehen war, dass Polizisten, die alleine sind enorm frech sind, weil sie tun und lassen können, was sie wollen. Wenn sie aber zu zweit oder gar zu dritt sind, dann checken Sie einfach nur die Dokumente. Unglaublich freundlich sind sie alle, selbst wenn sie dein Geld oder deine Zigaretten wollen. Außerdem lieben sie alle Cookie, weil sie so schön bunt ist.

Ganz beliebt war Cookie auch bei den Beamten an der aserbaidschanischen Grenze. Die haben das Auto gar nicht kontrolliert, aber sie waren dermaßen interessiert dran, dass sie alles anschauen und sehen wollten (wir hoffen das bleibt so). Flo wurde dort gefragt, wieviele Kameras wir mithaben und er hat gesagt, dass wir drei Kameras mithaben und fragte gleich, ob das denn ein Problem sei. Der Border Guard war aber total gechillt und hat nur gemeint: "No, no. No problem! Impressive!" Als sie dann noch angefangen haben das Auto zu beschriften, haben wir das enorm charmant gefunden und das Eis zwischen uns und den Grenzlern war endgültig gebrochen!

 

Gerne haben uns auch Fernfahrer, insbesondere iranische. Die wollen immer Fotos mit uns machen und den Fahrersitz von Cookie ausprobieren. Dafür bekommen wir dann kühles, frisches Obst von ihrer Fracht :-) Nektarinen für Cookie Foto hat sich bewährt...!

Wesentlich profitiert von dem oben erwähnten Ölboom hat Baku, die Hauptstadt Aserbaidschans. Und das sieht man auch an jeder Ecke. Die Stadt wirkt wie eine Retortenstadt, obwohl man auch noch alte Bausubstanz sieht, besonders außerhalb des Zentrums. Das Zentrum selbst ist extrem künstlich und erinnert an die Städten am arabischen Golf oder etwa an das Regierungsviertel von Beirut. Was hier zählt ist Geld und jeder der es hat, stellt es ungeniert zur Schau. Eine solche Dichte an dicken Autos sieht man nicht oft. Sehr beliebt sind wuchtige Infinity, Lexus und Mercedes. BMWs unter der 7er-Reihe sind quasi nicht existent. Cookie könnten wir bei all diesen Autos im Kofferraum parken.

Wie dem auch sei. Weil sie so künstlich ist, ist die Stadt eigentlich sehr unsympathisch und die vielen Hugo Boss und Lacoste-Läden machen das auch nicht viel besser. Auch Einheimische sind nicht unbedingt Baku-Fans. Sie beklagen sich über die Geschichte des Landes, die unter der Künstlichkeit der Hauptstadt verschwindet.

 

Wie aufgesetzt alles hier scheint, stellt sich auch an der Tatsache dar, dass die Stadt eine eigene Formel 1 Rennstrecke hat, die den Hafen entlang führt. Die Boxenstraße ist permanent aufgebaut und fügt sich zwischen Hilton Hotel und irgendein fettes Regierungsgebäude ein. Casual Baku. Die Rennstrecke passt aber auch deshalb perfekt ins Stadtbild, weil die Stadt einfach vollkommen für den Autoverkehr ausgelegt ist: breite Straßen, sehr wenige Fußübergänge, laaange Wartezeiten sollte man die Straße queren wollen und andere Annehmlichkeiten. Es ist wirklich keine Stadt zum Bummeln, das könnt ihr uns glauben.

Neben dem Straßenüberqueren schenkt man sich in Baku am besten auch noch das Einschiffen im Hafen, egal wohin man schippern will. Etwas unbeschreiblicheres als die Vorgänge in dem Hafen erlebt man nur selten und das ist auch gut so. Sehr gut. Leider weiß man das alles erst hinterher.

 

Einschiffen besteht aus mehreren bürokratischen Schritten. Zuerst muss man sich in einem Hafenbuch registrieren, dann mit dem Zollchef sprechen und ihm irgendwelche Zettel geben. Danach muss man in einem unscheinbaren Container die Boarding Fee bezahlen. Erst wenn man das alles erledigt hat, könnte man ein Fährticket kaufen.

 

Soweit klingt das ja alles noch halbwegs ok, aber here's the catch: alleine um das herauszufinden braucht man einen knappen Tag. Es wird einfach nichts erklärt oder beschrieben und jede Info, die man bekommt, ist zu 90% falsch. Dazu kommt, dass die Angestellten keine Bürozeiten haben, sondern kommen und gehen, wann sie wollen. Ein ansehnliches Beispiel dazu: das Zollbüro hätte um 11.00 Uhr offen haben sollen, dann um 14.00, dann um 18.00. Gekommen ist er dann um 17.30 und wieder um 20.00. Der Boarding Fee Container Chef ist überhaupt erst um 23.00 Uhr gekommen.

 

Unterm Strich heißt das, dass man den Hafen praktisch nie verlassen kann, weil immer jemand kommen könnte, und man etwas essentielles verpassen könnte. Das gute dran ist, dass Baku eh nicht so eine tolle Stadt zum besichtigen ist. Ja, genau, das ist wirklich das positivste, das man dem Einschiffen in Baku abgewinnen kann, vor allem auch deshalb, weil man zu keinem Zeitpunkt eine Ahnung hat, wann eigentlich ein Schiff anlegt. So brütet man also in einer stinkenden, glühenden Ölstadt im Hafen dahin und schleppt sich gelegentlich in ein Lokal um was kühles zu trinken - aber nicht zulange, weil man könnte ja was verpassen. Und brütet. Und brütet.

 

Und brütet.

 

Zum Brüten dazu gehört auch das wilde Geschwirr an Gerüchten und Falschinfos über Büroöffnungs- und Fähranlegezeiten. Nachdem am Hafen mindestens zehn andere Teams feststeckten, vervielfachen sich die verwirrenden - und meistens falschen - Infos wie ein Lauffeuer. Die Temperatur dafür würde ja schon mal stimmen.

 

Uns bleibt also nichts anders übrig, als geduldig weiterzubrüten in diesem schräg-faszinierenden und verwirrend-zermürbenden Chaos.

Aber für Uncle Edi und Pete habe ich in diesem Chaos was gefunden: ein Rally-Team aus Dallas, Texas. Unbelievable but true!

Kommentar schreiben

Kommentare: 5
  • #1

    Florian (Freitag, 04 August 2017 05:48)

    Durchhalten! Wenn Ihr mal auf der Fähre seid, habt Ihr es hinter Euch.
    Der Dachträger vom Texaner kann was :-)

  • #2

    Papa (Freitag, 04 August 2017 06:18)

    Gedult und Ausdauer hast Du aber nicht von mir gggg

  • #3

    Kathi (Freitag, 04 August 2017 11:57)

    Ihr Lieben!
    Euer Blog liest sich wie Butter! Wie Butter!! Auch wenn es bei euch in Baku nicht dementsprechend läuft! Wenn man eure Erlebnisse nachliest, hat man fast (aber nur fast) das Gefühl mit euch live dabei zu sein! Ihr seid und macht das großartig!
    Hab euch lieb! ❤

  • #4

    Gert (Freitag, 04 August 2017 11:57)

    Freue mich das es mit eurem Cookie jetzt so spritzig dahin geht.

  • #5

    CoBold (Montag, 07 August 2017 15:55)

    Ihr Lieben! Wir sitzen gerade in Tirol und ich zeig der lieben Tante und dem Franz alle Fotos und Berichte! Ihr bringt immer wieder alle zum Staunen!:)
    Wir trinken ein Glasal Wein auf euch! Bussis aus der Wildschönau!