So ein 6W112 aber auch!

Als wir nach über 18.000 km troublegeshootet haben und endlich im sibirischen Ulan Ude angekommen sind hat Flo etwas gesagt, was wohl mehr eine Hoffnung als eine Tatsache ausdrückte (wie wir im Nachhinein bitter feststellen mussten). Er meinte: „Ach herrlich, das permanente umplanen und krisenmanagen hat endlich ein Ende. Ab jetzt brauchen wir nur mehr genießen, uns in die gebuchten Flüge setzen und warten bis wir zuhause sind.“ Oh dear…

Genossen haben wir tatsächlich. Allerdings ganz anders als geplant und viel länger als erwartet, weil wie soll es den anders kommen nach so einer Wahnsinnsreise, als das es eben nicht so kommt wie erwartet.

 

Als wir um 01.00 morgens am Baikal International Airport angekommen sind um für unseren Flug 6W112 mit der Saratov Aviation Division einzuchecken war der Flughafen leer, eisig kalt und von unserem Flug nach Krasnojarsk keine Spur. Als das „Fehlen“ des Fluges um 06.00 Uhr noch immer niemanden zu kümmern schien und für uns bereits klar war, dass wir es mit den gebuchten Verbindungen Krasnojarsk – Moskau – Wien nie am selben Tag nachhause schaffen würden, musste also doch noch mal der hart eingeübte, mittlerweile perfektionierte Troubleshootmodus hochgefahren werden.

Flo war am Telefon gebunden und hatte mittlerweile über die Hotline unserer Buchungsplattform einen Russisch-Dolmetscher in Großbritannien aufgetrieben, der in Kontakt mit der Geschäftsführung der Saratov Aviation Division getreten war, um ein für alle Mal herauszufinden, was denn mit dem Flug 6W112 geschehen war oder noch wird. Man muss sich das mal vorstellen: Am Baikal International Airport war trotz (zugegebenermaßen niedrigfrequentem, aber immerhin) durchgehenden internationalem Flugbetrieb die ganze Nacht niemand aufzutreiben, der nur ein bisserl Englisch spricht. Es braucht eine Buchungsagentur in England, deren Hotline-Mitarbeiterin in Indien sitzt, um einen Russischsprecher aufzutreiben, der in Saratov anruft, um herauszufinden, wann denn ein gebuchter Flug geht, von dem am Flughafen in Ulan Ude niemand weiß. Herrlich! Was für ein Abschluss für die Rally!

Lukas war einstweilen damit beschäftigt im frühmorgens sehr, sehr langsam in die Gänge kommenden Flughafen nach Alternativen zu suchen. Die ersten Ergebnisse, die uns in einer vernünftigen Zeit nach Moskau bringen hätten können, waren allerdings ernüchternd. Direktflüge mit S7 Airlines und Globus Airlines waren bereits voll und so war unsere letzte Hoffnung die Ural Airline, deren Schalter sich mit dem Öffnen allerdings ungut lange Zeit ließ. Ungut deshalb, weil mittlerweile der 6W112 Flug aus dem Nichts heraus und vollkommen unerwartet zum Einchecken geöffnet wurde – mit bereits sieben Stunden Verspätung, aber immerhin. Wir hatten also die Option wie gebucht nach Krasnojarsk zu fliegen, dort höchstwahrscheinlich stecken zu bleiben und auf einen Anschlussflug nach Moskau zu warten oder noch zwei Plätze in der Ural Airline zu ergattern.

 

…und siehe da: Nachdem die des Englischen mächtige, freundliche und gut gelaunte (wahrscheinlich weil sie länger schlafen konnte als ihre KollegInnen) Dame des Ural Air Schalters gute zehn Minuten Codes und Kürzel in ihren Vintage-Terminal klopfte, wurde sie tatsächlich fündig. Es gab noch insgesamt drei freie Plätze am nächsten Flug nach Moskau. Der Haken an dem freudigen Fund: Alle drei Plätze waren Business-Class Plätze, die entsprechend empfindlich teuer waren. Nachdem der Check-In des 6W112 Fluges in 10 Minuten beendet werden würde und das Boarding des Ural Fluges in 15 Minuten beginnen würde, musste zudem eine schnelle Entscheidung her.

 

Letztendlich haben wir die Kröte geschluckt und uns in die Ural Airline eingebucht. Wer fliegt schon Business-Class von Ulan Ude nach Moskau? Außerdem würden wir den Flug fast zur Gänze mit der Buchungsplattform abrechnen können.

So sind wir also kurz danach in der Businesslounge des Baikal Airports gesessen und haben unser (teuer erstandenes) gratis Frühstück genossen. Danach würden wir mit Private Boarding in Style in unser Wohnzimmer im Flugzeug gebracht. Und dort saßen wir dann mit unseren Suzuki Norwegerpullis inmitten von Leuten im Anzug und feinen Schuhen auf unseren breiten Sitzen mit jeglichem vorstellbarem Komfort.

Am Ende sind wir am Abend gut in Wien angekommen und von unseren Lieben am Flughafen abgeholt worden. Es war wunderbar so willkommen geheißen zu werden nach einer so langen Reise!

Tausende Kilometer in einem Kleinwagen über Rumpelpisten um die halbe Welt und dann steigt man zum Heimfliegen in die Business-Class… was für ein verrückter und gebührender Abschluss.

…sind wir mal ehrlich: das ganze Troubleshooting, Umplanen, Alternativen suchen und Krisen managen wird uns abgehen im Alltag, auch wenn wir’s in den letzten Monaten hin und wieder verflucht haben. Es war eine grandiose Zeit!

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Kommentare: 2
  • #1

    Kinga (Sonntag, 08 Oktober 2017 16:49)

    Ihr zwei seid spitze ❤️

  • #2

    Michael (Montag, 09 Oktober 2017 00:48)

    willkommen zuhause!